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Henri Cartier-Bresson: The early work.

Henri Cartier-Bresson (1908 - 2004) gehört zu den bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Er porträtierte die Persönlichkeiten des politischen Lebens und der Öffentlichkeit und zeigte ebenso Sympathie und Respekt für viele Namenlose - war Humanist und Revoluzzer. 1947 gründete er gemeinsam mit Robert Capa, David Seymour, George Rodger und Bill Vandivert die berühmte Fotoagentur Magnum, die bis heute Büros in New York, Paris, London und Tokio unterhält.
Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Agentur zeigt die Versicherungskammer Bayern nun die legendäre Ausstellung des Museum of Modern Art, „Henri Cartier-Bresson: The Early Work“.
Henri Cartier-Bresson, Sohn eines wohlhabenden Pariser Textilindustriellen, studierte zunächst Malerei. Er interessierte sich für moderne Literatur (u.a. von Rimbaud, Dostojewskij, Schopenhauer), für zeitgenössische Musik und für die Kunst der Avantgarde. Besonders anziehend fand er die rebellische Haltung des Surrealismus, da sie seine eigene energische Ablehnung der bürgerlichen Gesellschaft bestätigte. 1932 erwarb er eine Leica, deren neu entwickeltes Kleinbildformat es ihm ermöglichte, die Kamera stets bei sich zu tragen, um sie im „entscheidenden Moment“ parat zu haben. Sein bislang eher beiläufiges Interesse an der Fotografie wurde zur Leidenschaft. Anfang der 30er Jahre bereiste er Afrika, Osteuropa, Italien, Spanien, Mexiko und die USA auf der Suche nach der Welt der Randexistenzen. Er hielt sich mehrere Monate im jeweiligen Land auf und war „fest entschlossen, das Leben einzufangen – das Leben beim Leben einzufangen. Gierig sehnte ich mich danach, die ganze Essenz eines Geschehens, das direkt vor meinen Augen abrollte, in einer einzigen Fotografie festzuhalten“ (Henri Cartier-Bresson). Seine Aufnahmen der frühen 30er Jahre zählen bis heute zu den originellsten und einflussreichsten Werken der Fotografie-Geschichte.
Berühmt wurde Cartier-Bresson vor allem wegen seines ungeheuren Spürsinns für die weltpolitische Aktualität: Er lebte in Spanien kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs; er traf Mahatma Gandhi eine Stunde vor dessen Ermordung; er hielt sich gerade in China auf, als die Kuomintang zusammenbrach und die Kommunisten einmarschierten; er war in Berlin zu Beginn des Mauerbaus... Doch für die Qualität seines Werkes sind weltpolitische Ereignisse oder Persönlichkeiten nicht maßgeblich. Jedes seiner Fotos hat die Kapazität, unseren Blick auch ohne Kenntnis des Entstehungskontextes in seinen Bann zu ziehen. Gerade in unserer Zeit, in der die milliardenfach praktizierte Technik der Fotografie bunt, banal und allgegenwärtig ist, zeigt sich die herausragende Handschrift, mit der uns Henri Cartier-Bresson die Welt vor Augen führt: Sein Blick, der hinterfragt und sein Gefühl für einen klar strukturierten Bildaufbau - instinktiv und bewusst zugleich. Die Dringlichkeit hinter diesen Bildern ist noch immer spürbar: „Auf dem Gebiet der Fotografie kann die kleinste Kleinigkeit zu einem großen Bildinhalt werden, der geringste menschliche Zug zu einem Leitmotiv.“ (Henri Cartier-Bresson).