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Licht und Schatten. Am Filmset der Weimarer Republik.

Die Ausstellung „Licht und Schatten, am Filmset der Weimarer Republik“ ist eine Entdeckungsreise in eine besonders kreative Phase der deutschen Filmgeschichte. Große Gefühle und drohende Gefahren, Zeitgeschehen und Zukunftsvisionen wurden mit viel Sinn für Dramaturgie in bewegte Bilder umgesetzt. Filme wie Nosferatu, Metropolis, Der blaue Engel und Das Cabinet des Dr. Caligari setzten Maßstäbe im cinemathographischen Ausdruck. Mit Hitlers Machtergreifung endete dieses aufregende Kapitel deutscher Filmgeschichte jäh: Regisseure wie Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang und Josef von Sternberg emigrierten in die USA und nahmen ihr Know-how, ihre visuellen Ideen und ihre Tradition mit – um sie von Amerika aus in die Welt zu tragen.

Die Ausstellung, die in Kooperation mit der Deutschen Kinemathek Berlin entstanden ist, zeigt rund 250 Filmbilder und Original-Plakate aus über 60 Filmen der großen Regisseure der Weimarer Republik. Die vierzehn Jahre und sechs Monate der Weimarer Republik waren eine große Zeit des deutschen Films. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs herrschten Unsicherheit und wirtschaftliche Not. Auf der anderen Seite hatten die Menschen Sehnsucht nach Geschichten aus der weiten Welt, wie sie nur das Kino erzählen kann. Historische Dramen, Komödien, Detektivserien und Abenteuerfilme dominierten das Programm. Natürlich galt das Interesse mehr den Schauspielerinnen und Schauspielern als den Regisseuren.

Zu Beginn der zwanziger Jahre wurden vor allem Henny Porten und Asta Nielsen, Lil Dagover und Pola Negri verehrt. Bei den Männern waren Emil Jannings, Harry Liedtke und Conrad Veidt die großen Stars. In den frühen dreißiger Jahren galt die Verehrung Elisabeth Bergner, Marlene Dietrich und Lilian Harvey sowie Hans Albers, Willy Fritsch und Gustav Fröhlich. Im Rückblick verbindet sich die Filmperiode der Weimarer Republik mit großen Regisseursnamen und berühmten Filmtiteln. Es begannen die Karrieren von Ernst Lubitsch, Fritz Lang und Friedrich Wilhelm Murnau, später kamen Georg Wilhelm Pabst, Robert Siodmak und Max Ophüls hinzu. Sie verhalfen dem deutschen Film zu einer Weltgeltung, die er niemals zuvor oder danach gehabt hat. Viele von ihnen mussten 1933 ins Exil gehen, weil sie jüdischer Herkunft waren. Berühmte Filme jener Jahre sind Das Cabinet des Dr. Caligari, Nosferatu – eine Symphonie des Grauens, Die freudlose Gasse, Metropolis, Der Blaue Engel, M und Kuhle Wampe. 1929/30 fand der Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm statt.
Beherrscht wurde die Zeit der Weimarer Republik von zwei künstlerischen Strömungen: dem Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Natürlich sind die Traumata des Ersten Weltkriegs in den Filmen und ihren Subtexten zu finden. Der Horror von Dr. Caligari und Nosferatu, die Melodramatik der Freudlosen Gasse und der Büchse der Pandora sind Resultate einer konkreten Kriegserfahrung. Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot spiegeln sich in der Thematik von Mutter Krausens Fahrt ins Glück, Kuhle Wampe und Ich bei Tag und Du bei Nacht wider.

Literatur- und Theaterverfilmungen wie Rose Bernd, Buddenbrooks und Berlin Alexanderplatz sind Dokumente der Zeit. In dem Kulturfilm Wege zu Kraft und Schönheit erkennt man Sehnsüchte, in dem Montagefilm Berlin. Die Symphonie der Großstadt Lebensgefühle und in dem avantgardistischen Spielfilm Menschen am Sonntag Realitäten der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre. Karl Valentin verkörpert in Der Sonderling über alle Zeiten hinweg den Mann, der mit dem Kopf durch die Wand will. Prototypische Komödien der Zeit sind Die Austernprinzessin, Der Fürst von Pappenheim oder Die Drei von der Tankstelle. Der Klassiker eines eigenen Genres, der Tonfilmoperette, ist Der Kongress tanzt mit Lilian Harvey und Willy Fritsch.

Die Filmfotografie entstand nur aus einem Grund und dient bis heute nur einem Zweck – sie soll für den Film werben. Die Produktionsfirmen geben die Fotos an die Presse und an die Kinos, um Zuschauer in die Filmtheater zu locken. Bei einer Komödie werden komische Situationen abgebildet, bei einem Science Fiction-Film Zukunftsvisionen, bei einem Kriminalfilm oder Thriller gespannte Gesichter und finstere Gestalten. Gezeigt werden zentrale Situationen, konzentrierte Atmosphäre und die Hauptdarsteller. Schon in der Anfangszeit des Kinos gehen Filmfotos auch an die Graphiker, die mit ihnen erste Plakate gestalten; später zeichneten die Graphiker in einem dramatischen Stil prägnante Filmszenen und kombinierten sie mit dem Schriftbild von Filmtitel, Verleih und Schauspielern. Je abstrakter und individueller die Graphik, umso künstlerischer wurde das Plakat. Es gab auch Mischformen von Foto und Graphik, Fotomontagen und reine Fotoplakate. Immer bildete das Filmfoto die Vorlage. In Deutschland werden Filmfotos auch Standfotos genannt, weil die Szene für das Foto gestellt ist. Standfotos zeigen das Bild einer für den Film charakteristischen Szene, die idealer Weise so auch im Film vorkommt.

Die Filme

Carmen (1918), Veritas vincit (1919), Die Austernprinzessin (1919), Madame Dubarry (1919), Rose Bernd (1919), Unheimliche Geschichten (1919), Die Puppe (1919), Die Herrin der Welt (1919/20), Das Cabinet des Dr. Caligari (1920), Kohlhiesels Töchter (1920), Von morgens bis Mitternacht (1920), Genuine (1920), Der Golem, wie er in die Welt kam (1920), Anna Boleyn (1920), Hamlet (1921), Die Bergkatze (1921), Der müde Tod (1921), Hintertreppe (1921), Nosferatu (1922), Dr. Mabuse, der Spieler (1922), Lucrezia Borgia (1922), Ein Glas Wasser (1923), Buddenbrooks (1923), Schatten (1923), Die Straße (1923), Sylvester (1924), Die Nibelungen (1924), Michael (1924), Das Wachsfigurenkabinett (1924), Der letzte Mann (1924), Zur Chronik von Grieshuus (1925), Wege zu Kraft und Schönheit (1925), Die freudlose Gasse (1925), Die Verrufenen (1925), Varieté (1925), Tartüff (1926), Die Brüder Schellenberg (1926), Geheimnisse einer Seele (1926), Die Abenteuer des Prinzen Achmed (1926), Faust (1926), Der heilige Berg (1926), Metropolis (1927), Dirnentragödie (1927), Der Fürst von Pappenheim (1927), Berlin. Die Sinfonie der Großstadt (1927), Die Liebe der Jeanne Ney (1927), Doña Juana (1928), Spione (1928), Zuflucht (1928), Heimkehr (1928), Looping the Loop (1928), Die Büchse der Pandora (1929), Asphalt (1929), Die wunderbare Lüge der Nina Petrowna (1929), Die Frau, nach der man sich sehnt (1929), Tagebuch einer Verlorenen (1929), Die weiße Hölle vom Piz Palü (1929), Frau im Mond (1929), Karl Valentin, der Sonderling (1929), Mutter Krausens Fahrt ins Glück (1929), Menschen am Sonntag (1929), Der Blaue Engel (1930), Die Drei von der Tankstelle (1930), Die 3-Groschen-Oper (1930), M (1931), Der Kongreß tanzt (1931), Berlin-Alexanderplatz (1931), Mädchen in Uniform (1931), Emil und die Detektive (1931), Kuhle Wampe (1932), Ich bei Tag und Du bei Nacht (1932), Liebelei (1933)

Die Regisseure

Ludwig Berger, Kurt Bernhardt, Carl Boese, Erik Charell, Paul Czinner, Carl Theodor Dreyer, Slatan Dudow, Ewald André Dupont, Richard Eichberg, Arnold Fanck, Carl Froelich, Svend Gade, Arthur von Gerlach, Karl Grune, Alfred Halm, Walter Jerven, Leopold Jessner, Piel/Phil Jutzi, Uwe Jens Krafft, Gerhard Lamprecht, Fritz Lang, Paul Leni, Ernst Lubitsch, Karl Heinz Martin, Joe May, Friedrich Wilhelm Murnau, Max Ophüls, Richard Oswald, Georg Wilhelm Pabst, Lupu Pick, Wilhelm Prager, Bruno Rahn, Lotte Reiniger, Arthur Robison, Walther Ruttmann, Leontine Sagan, Heinz Schall, Hanns Schwarz, Robert Siodmak, Josef von Sternberg, Wilhelm Thiele, Edgar G. Ulmer, Paul Wegener, Robert Wiene

Die Schauspieler

Alfred Abel, Hans Albers, Albert Bassermann, Paul Bildt, Curt Bois, Hans Brausewetter, Ernst Busch, Benjamin Christensen, Paul Conradi, Ernst Deutsch, Gustav Diessl, Wilhelm Dieterle, Gösta Ekman, Peter Esser, Julius Falkenstein, Rudolf Forster, Willy Fritsch, Gustav Fröhlich, Otto Gebühr, Heinrich George, Kurt Gerron, Bernhard Goetzke, Alexander Granach, Gustaf Gründgens, Paul Hansen, Lars Hanson, Paul Hartmann, Ernst Hofmann, Oskar Homolka, Paul Hörbiger, Emil Jannings, Victor Janson, Walter Janssen, Rudolf Klein-Rogge, Eugen Klöpfer, Fritz Kortner, Werner Krauß, Leopold von Ledebur, Franz Lederer, Wolfgang Liebeneiner, Harry Liedtke, Theo Lingen, Peter Lorre, Paul Otto, Ernst Petersen, Harry Piel, Klaus Pohl, Fritz Rasp, Paul Richter, Johannes Riemann, Heinz Rühmann, Hans Adalbert Schlettow, Max Schreck, Reinhold Schünzel, Walter Slezak, Hermann Thimig, Luis Trenker, Hans-Heinrich von Twardowski, Karl Valentin, Conrad Veidt, Otto Walburg, Gustav von Wangenheim, Warwick Ward, Paul Wegener, Rolf Wenkhaus, Otto Wernicke, Eduard von Winterstein, Holmes Zimmermann

Die Schauspielerinnen

Betty Amann, Fern Andra, Roma Bahn, Anita Berber, Elisabeth Bergner, Mathilde Brandt, Louise Brooks, Mady Christians, Lil Dagover, Maly Delschaft, Marlene Dietrich, Tilla Durrieux, Lien Dyers, Greta Garbo, Valeska Gert, Nora Gregor, Ilka Grüning, Käte Haack, Dolly Haas, Liane Haid, Lilian Harvey, Brigitte Helm, Lucie Höflich, Camilla Horn, Brigitte Horney, La Jana, Edith Jéhanne, Hilde Jennings, Jenny Jugo, Liesl Karlstadt, Margarete Kupfer, Inge Landgut, Mona Maris, Gerda Maurus, Mia May, Erna Morena, Renate Müller, Käthe von Nagy, Pola Negri, Asta Nielsen, Aud Egede Nissen, Ossi Oswalda, Dita Parlo, Henny Porten, Edith Posca, Lya de Putti, Frida Richard, Leni Riefenstahl, Adele Sandrock, Lyda Salmanova, Alexandra Schmitt, Magda Schneider, Margarethe Schön, Greta Schröder, Hertha Thiele, Helga Thomas, Ilse Trautschold, Olga Tschechowa, Luise Ullrich, Emilie Unda, Rosa Valetti, Hertha von Walther, Gertrud Welcker, Ruth Weyher, Dorothea Wieck, Martha Wolter

Begleitbuch zur Ausstellung

LICHT UND SCHATTEN
Die großen Stumm- und Tonfilme der Weimarer Republik.
Mehr als 300 Filmbilder von „Mutter Krause“ bis „Dr. Mabuse“.
Schirmer/Mosel 2012

Kurator

Hans Helmut Prinzler