FacebookFacebook

Deutscher Dokumentarfilm-Musikpreis 2024

für MY STOLEN PLANET

© Farahnaz Sharifi
© Farahnaz Sharifi

Die iranische Cellistin, Kontrabassistin und Komponistin Atena Eshtiaghi erhält den Deutschen Dokumentarfilm-Musikpreis 2024 für ihre Musik zu MY STOLEN PLANET.

„Sobald ich von der Schule nach Hause kam, nahm ich noch im Hof meinen Hijab ab“, erinnert sich die Regisseurin Farahnaz Sharifi an ihre Kindheit im Iran der 1980er-Jahre und zeigt das Foto eines lächelnden Mädchens mit Haarspange und Schuluniform: in der einen Hand das Kopftuch, in der anderen den Bücherranzen. Aus eigenen Bildern und Erinnerungen sowie von Flohmärkten geretteten Aufnahmen Fremder schafft Sharifi eine alternative Geschichte des Iran. Das Persönliche ist dabei stets politisch und die Arbeit am Archiv steht für das Ringen um Identität wie für den Kampf gegen das Vergessen, dem die demenzkranke Mutter anheimfällt. Tanzen wird zur Geste des Widerstands, der Unterdrückung stellt sich Solidarität entgegen, aus Wut wächst Mut. Die Revolution geht weiter.

Atena Eshtiaghi, Jahrgang 1989, hat klassische Musik am Tehran Conservatory of Music studiert. Daneben hat sie sich mit persischer Musik, Electro und Jazz beschäftigt. Seit 2007 ist sie als Solistin und Orchestermusikerin tätig, unter anderem für das Tehran Symphony Orchestra und das Iran National Orchestra. Als Filmkomponistin hat sie unter anderem den Score zu Pegah Ahangaranis preisgekröntem Dokumentar-Kurzfilm „I'm Trying To Remember“ geschrieben. Seit zwei Jahren lebt Atena Eshtiaghi in Deutschland; hier hat sie mit der Pianistin Clara Haberkamp das „Duo Azadi“ gegründet.

Aus der Jurybegründung: „Die Filmmusik von Atena Eshtiaghi (*1989 in Iran) wirkt vor allem durch das, was sie nicht macht. Sie vermeidet Konventionen illustrativer Filmmusik und nutzt vielmehr Stille als Stilmittel für diesen gleichermaßen radikalen wie persönlichen Film von Farahnaz Sharif. MY STOLEN PLANET ist ein Film über den Widerstand iranischer Frauen gegen die islamische Theokratie, die jede Erinnerung an die verlorene Bewegungsfreiheit von Frauen zu eliminieren versucht. Das private Videoarchiv der Regisseurin aus alten Super-8-Aufnahmen, montiert mit Bildmaterial aktueller Demonstrationen, gewinnt vor dem Hintergrund des umfassenden Bildverbots hohe politische Brisanz. Atena Eshtiaghi gibt diesen Botschaften unzensierten Lebens starken Ausdruck, indem sie die Bilder nicht pathetisch überhöht, sondern mit minimalistischen Patterns begleitet. Das schafft Distanzierung und zugleich entstehen Zeiträume, in die sich eine große Trauer einschreibt. Eshtiaghis Musik kleidet den Film nicht in einen gefälligen Rhythmus, vielmehr betont sie die Heterogenität und schafft durch ihre präzise Faktur einen Resonanzraum für das, wovon der Film erzählt: Isolation, Widerstand, Hoffnung.“

Der Deutsche Dokumentarfilm-Musikpreis würdigt jährlich eine Komposition, die sich auf herausragende Art und Weise mit der dokumentarischen Filmerzählung verbindet. Er ist mit 5.000 Euro dotiert und wird zum zehnten Mal von der Versicherungskammer Kulturstiftung gestiftet. Die Preisverleihung mit Filmvorführung wird am Sonntag, 05. Mai 2024 um 20.00 Uhr an der HFF München stattfinden.

 

  • https://www.dokfest-muenchen.de/